Ein Algorithmus für schärfere Proteinfilme

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Jun 06, 2023

Ein Algorithmus für schärfere Proteinfilme

Bild des Paul Scherrer Instituts: Die Physikerin Cecilia Casadei war Teil einer

Paul Scherrer Institut

Bild: Die Physikerin Cecilia Casadei war Teil eines internationalen Teams, das einen neuen Analysealgorithmus entwickelte. Mit ihrer „Tiefpass-Spektralanalyse“ genannten Methode können die bei der Messung von Proteinen an Freie-Elektronen-Röntgenlasern gesammelten Daten effizienter als bisher ausgewertet werden.mehr sehen

Bildnachweis: Paul Scherrer Institut/Mahir Dzambegovic

Proteine ​​sind biologische Moleküle, die in allen Lebensformen nahezu alle biochemischen Aufgaben erfüllen. Dabei führen die winzigen Strukturen ultraschnelle Bewegungen aus. Um diese dynamischen Prozesse genauer als bisher zu untersuchen, haben Forscher einen neuen Algorithmus entwickelt, mit dem sich Messungen an Freie-Elektronen-Röntgenlasern wie dem SwissFEL effizienter auswerten lassen. Sie haben es jetzt in der Fachzeitschrift Structural Dynamics vorgestellt.

Wenn Sie das Navigationssystem während einer Autofahrt nutzen, kann es vorkommen, dass das Gerät Sie für kurze Zeit abseits der Straße ortet. Dies ist auf die Ungenauigkeit der GPS-Positionierung zurückzuführen, die mehrere Meter betragen kann. Der Algorithmus im Navi wird dies jedoch bald bemerken und die auf dem Bildschirm angezeigte Flugbahn korrigieren, also wieder auf die Straße bringen.

Ein vergleichbares Prinzip zur Bewältigung unrealistischer Bewegungsabläufe konnte nun ein Forscherteam um die PSI-Physikerin Cecilia Casadei erfolgreich anwenden. Allerdings sind ihre Untersuchungsobjekte etwa eine Milliarde Mal kleiner als ein Auto: Proteine. Diese Bausteine ​​des Lebens erfüllen in allen bekannten Organismen entscheidende Funktionen. Dabei führen sie häufig ultraschnelle Bewegungen aus. Die genaue Analyse dieser Bewegungen ist entscheidend für unser Verständnis von Proteinen, die uns unter anderem bei der Herstellung neuer medizinischer Wirkstoffe helfen können.

Wie man Proteine ​​„filmt“...

Um das Verständnis von Proteinbewegungen weiter zu verbessern, hat Casadei zusammen mit anderen PSI-Forschern, einem Forscher bei DESY in Hamburg und weiteren Kollegen an der University of Wisconsin in Milwaukee, USA, einen Algorithmus entwickelt, der Daten aus Experimenten an einem X- Freie-Elektronen-Laser (XFEL). Ein XFEL ist eine große Forschungsanlage, die extrem intensive und kurze Blitze von Röntgenlicht in Laserqualität liefert. Hier kann eine Methode namens zeitaufgelöste serielle Femtosekunden-Röntgenkristallographie (TR-SFX) verwendet werden, um die ultraschnellen Bewegungen von Proteinen zu untersuchen.

Die Messungen sind aus mehreren Gründen sehr komplex: Die Proteine ​​sind viel zu klein, um direkt abgebildet zu werden, ihre Bewegungen sind unglaublich schnell und der intensive Röntgenlichtpuls eines FEL zerstört die Proteine ​​vollständig. Auf experimenteller Ebene löst TR-SFX all diese Probleme bereits: Es wird kein einzelnes Molekül gemessen, sondern eine große Anzahl identischer Proteinmoleküle dazu gebracht, in regelmäßiger Anordnung zu Proteinkristallen zusammenzuwachsen. Wenn das FEL-Röntgenlicht auf diese Kristalle fällt, werden die Informationen rechtzeitig erfasst, bevor die Kristalle und ihre Proteine ​​durch den Lichtimpuls zerstört werden. Die Rohdaten der Messungen liegen als sogenannte Beugungsbilder vor: Lichtpunkte, die durch die regelmäßige Anordnung der Proteine ​​im Kristall entstehen und von einem Detektor registriert werden.

... und wie man die Messdaten auswertet

Wo die experimentellen Herausforderungen gemeistert sind, steht die Auswertung der Daten gerade erst am Anfang. „Die Messung jedes einzelnen Kristalls liefert nur zwei Prozent der Daten eines Gesamtbildes.“ Diese Unvollständigkeit hat physikalische und experimentelle Gründe und kann nur durch eine sinnvolle Kombination der Messdaten vieler Kristalle behoben werden. Casadeis Forschung konzentriert sich darauf, wie genau dies bewerkstelligt werden kann.

Die bisher etablierte Methode nennt sich „Binning and Merging“. „Mit dieser Methode wurde im letzten Jahrzehnt viel erreicht“, sagt Casadei. Bei dieser Methode werden die Daten in Zeitintervalle unterteilt und alle Daten innerhalb eines Intervalls, eines „Bins“, gemittelt. Allerdings gehen bei dieser Mittelung auch viele Detailinformationen verloren. „Man könnte sagen, dass die einzelnen Bilder des Proteinfilms dann alle etwas verwaschen sind“, fährt Casadei fort. „Deshalb haben wir eine Methode entwickelt, mit der wir mehr aus den Messdaten herausholen können.“

Die von Casadei und ihren Kollegen entwickelte neue Methode heißt „Low-Pass-Spektralanalyse“, kurz LPSA. „Ähnlich wie in der Elektronik oder Audiotechnik wenden wir einen Tiefpassfilter an“, erklärt Casadei. „In unserem Fall geschieht dies jedoch in Form einer fortgeschrittenen linearen Algebra. Wir wenden diese Formeln an, um unerwünschtes Rauschen aus den Daten zu entfernen, ohne dass relevante Details verloren gehen.“

Kurz und einfach ausgedrückt: Die Rohdaten, also die Beugungsbilder der Proteinkristalle, werden während der gesamten Proteinbewegung verfolgt. Diese Bewegung wird als sanft, also ruckfrei, angenommen. Ähnlich wie das Navigationssystem sich selbst korrigiert, wenn das Auto scheinbar vom Straßenverlauf abweicht, mildert der neue Algorithmus von Casadei und ihren Kollegen Fehler bei der Protein-Bewegungsrekonstruktion.

HDR für Proteinfilme

Laien bemerken möglicherweise keinen großen Unterschied bei den neuen Proteinfolien. Doch für die Cineasten an Freie-Elektronen-Röntgenlasern ist die Verbesserung vergleichbar mit der Umstellung von einem DVD-Film auf HDR-Qualität.

„Der neue Algorithmus ermöglicht es den Forschern hier am SwissFEL am PSI nun vor allem, mehr Informationen aus ihren Daten zu extrahieren“, sagt Casadei. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass der Algorithmus dazu beitragen kann, lange Messzeiten zu verkürzen. Da in Grossforschungsanlagen und insbesondere am SwissFEL die Strahlzeit immer sehr gefragt ist, ist dies eine äußerst willkommene Perspektive für Proteinforscher, die diese hochmoderne Anlage nutzen.

Text: Paul Scherrer Institut/Laura Hennemann

Über PSI

Das Paul Scherrer Institut PSI entwickelt, baut und betreibt komplexe Grossforschungsanlagen und stellt diese der nationalen und internationalen Forschungsgemeinschaft zur Verfügung. Die eigenen Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Materie und Materialien, Energie und Umwelt sowie menschliche Gesundheit. PSI engagiert sich für die Ausbildung künftiger Generationen. Somit sind etwa ein Viertel unserer Mitarbeiter Postdoktoranden, Doktoranden oder Auszubildende. Insgesamt beschäftigt das PSI 2100 Mitarbeiter und ist damit das größte Forschungsinstitut der Schweiz. Das Jahresbudget beträgt rund 400 Millionen Franken. Das PSI ist Teil des ETH-Bereichs, weitere Mitglieder sind die beiden Eidgenössischen Technischen Hochschulen ETH Zürich und EPFL Lausanne sowie die Eawag (Eidgenössische Forschungsanstalt für Wasserforschung und Wassertechnik) und die Empa (Eidgenössische Materialprüfungsanstalt). und Technologie) und WSL (Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft). Einblick in die spannende Forschung des PSI mit wechselnden Schwerpunkten gibt 3x jährlich die Publikation 5232 – Das Magazin des Paul Scherrer Instituts.

Kontakt

Dr. Cecilia CasadeiLabor für biomolekulare ForschungPaul Scherrer Institut, Forschungsstrasse 111, 5232 Villigen PSI, SchweizTelefon: +41 56 310 55 17, E-Mail: [email protected] [Englisch, Italienisch, Französisch]

Originalveröffentlichung

Tiefpassspektralanalyse zeitaufgelöster serieller Femtosekunden-KristallographiedatenCM Casadei, A. Hosseinizadeh, T. Weinert, J. Standfuss, R. Fung, GFX Schertler, R. SantraStructural Dynamics, 26.05.2023 (online)DOI: 10.1063/4.0000178

Strukturdynamik

10.1063/4.0000178

Experimentelle Studie

Tiefpassspektralanalyse zeitaufgelöster serieller Femtosekunden-Kristallographiedaten

26. Mai 2023

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Bild: Die Physikerin Cecilia Casadei war Teil eines internationalen Teams, das einen neuen Analysealgorithmus entwickelte. Mit ihrer „Tiefpass-Spektralanalyse“ genannten Methode können die bei der Messung von Proteinen an Freie-Elektronen-Röntgenlasern gesammelten Daten effizienter als bisher ausgewertet werden. Proteine ​​sind biologische Moleküle, die in allen Lebensformen nahezu alle biochemischen Aufgaben erfüllen. Dabei führen die winzigen Strukturen ultraschnelle Bewegungen aus. Um diese dynamischen Prozesse genauer als bisher zu untersuchen, haben Forscher einen neuen Algorithmus entwickelt, mit dem sich Messungen an Freie-Elektronen-Röntgenlasern wie dem SwissFEL effizienter auswerten lassen. Sie haben es jetzt in der Fachzeitschrift Structural Dynamics vorgestellt. Wie man Proteine ​​„filmt“... ... und wie man die Messdaten HDR für Proteinfilme auswertet Über PSI Kontakt Originalveröffentlichung Tiefpassspektralanalyse zeitaufgelöster serieller Femtosekunden-Kristallographiedaten Haftungsausschluss: